École d’été trinationale – Trinationale Sommerschule 2022: „Grenzen in Europa“
10. – 12.06.2022 im Studienhaus Wiesneck, Buchenbach bei Freiburg
Die Grenzen innerhalb Europas sind im Zuge der zunehmenden Integration der Europäischen Union und der starken regionalen Zusammenarbeit mit EU-Nachbarländern wie der Schweiz immer durchlässiger geworden, aber nicht völlig verschwunden. Rechtliche, politische und kulturelle Unterschiede stellen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Politik und Wirtschaft immer noch vor viele Herausforderungen. Auch bezüglich der Regulierung der EU-Außengrenze und des Schengenraums ringen unterschiedliche Interessen und Visionen um Einfluss.
Die Corona-Pandemie hat Fragen der internationalen Vernetztheit und der Kontrolle grenzüberschreitender Bewegungen eine erneute Brisanz verliehen. Nicht nur inter-regional, sondern auch innerhalb Europas und der EU kam es zu vielfältigen temporären Grenzschließungen mit zum Teil gravierenden Auswirkungen auf Warenflüsse und das Leben von Migrantinnen, Pendlerinnen und Menschen in grenzüberschreitenden Beziehungen.
Die Sommerschule „Grenzen in Europa“ greift dieses aktuelle Thema auf und beleuchtet die europäischen Innen- und Außengrenzen aus verschiedenen Blickwinkeln.
Programm 2022
Freitag, 10.06.2022 | |
Bis 13.30 Uhr | Anreise |
14.00 Uhr | Begrüßung im Studienhaus Wiesneck (Beate Rosenzweig, Stellvertretende Institutionsdirektorin Studienhaus Wiesneck und Hon. Prof. Universität Freiburg) |
Einführung in die Sommerschule (Gisela Riescher, Prof. für Politische Philosophie, Theorie und Ideengeschichte, Universität Freiburg) | |
14.15 Uhr | Birte Wassenberg (Prof. für Zeitgeschichte und Internationale Beziehungen, IEP Straßburg): Geschichte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa |
16.00 Uhr | Joachim Beck (Rektor der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl): Perspektiven der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa |
19.30 Uhr | Französische und deutsche Perspektiven auf Europa – ein interkulturelles und politisches Gespräch mit Christine Aquatias (Maitre de Conferences, IEP Straßburg) und Marcus Obrecht (Akad. Oberrat, Universität Freiburg) |
Samstag, 11.06.2022 | |
9.15 Uhr | Angela Geck (Wiss. Mitarbeiterin, Universität Freiburg): Über europäische Außengrenzen, Migration und Handel |
11.00 Uhr | Uwe Wagschal (Prof. für Vergleichende Regierungslehre, Universität Freiburg): Der Einfluss von Demokratie, Governance und Regierungspolitik auf die Sterblichkeit während der Covid-19 Pandemie |
14.00 Uhr | Kleine gemeinsame Wanderung |
16.00 Uhr | Besprechung der studentischen Arbeitsgruppen zu politisch-theoretischen und vergleichenden Themen aus trinationaler Perspektive zu Grenzen und Grenzregimen in Europa Besprechung der Partneruniversitäten Basel, Freiburg, Straßburg: Evaluation der trinationalen Bachelorinitiative, Möglichkeiten der weiteren EUCOR-Zusammenarbeit |
19.30 Uhr | Grenzen im Film (Auswahl) |
Sonntag, 12.06.2022 | |
9.15 Uhr | Präsentation der Gruppenarbeiten der Student*innen zu politisch-theoretischen und vergleichenden Themen aus trinationaler Perspektive zu Grenzen und Grenzregimen in Europa |
11.15 Uhr | Ergebnissicherung, Evaluation und Dokumentation der Sommerschule |
13.30 Uhr | Ende der Sommerschule und Abreise der Teilnehmer*innen |
Vorbereitende Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppe 1: Grenzschließung durch Anti-Identitätspolitik (Betreuer: Karsten Schubert)
In Deutschland, Frankreich und der Schweiz toben Kulturkämpfe um Identitätspolitik. Identitätspolitik wird dafür kritisiert, die demokratische Gemeinschaft und die öffentliche Debatte zu zersetzen. Die Arbeitsgruppe geht davon aus, dass diese Identitätspolitikkritiken Praktiken der Grenzschließung sind: Sie konstituieren eine homogen gedachte Mehrheitsgesellschaft und grenzen sie gegen Minderheiten ab. Die Arbeitsgruppe dient dem Vergleich der Diskurse, mit denen die homogene Einheit in den drei Ländern hergestellt wird. Dabei soll insbesondere analysiert werden, wie der explizite Anspruch auf Universalismus, der im französischen Republikanismus formuliert ist, zu stärkeren Grenzziehungen führt als die schwächeren deutschen Äquivalente wie Leitkultur und Verfassungspatriotismus und ob Grenzziehungen in der dreisprachigen Schweiz anders getroffen werden.
Arbeitsgruppe 2: Positionen rechter Parteien zu Grenzen (Betreuerin: Angela Geck)
Rechte und rechtspopulistische Parteien wie Rassemblement National und Reconquête in Frankreich, die AfD in Deutschland, und die SVP in der Schweiz fordern eine stärkere Regulierung von Grenzen. Das betrifft insbesondere die Migration aber auch andere Bereich wie den Handel. In der Artikulation ihrer Positionen bedienen sie sich Metaphern und Narrativen, die Grenzen als Verteidigungslinien der Gesellschaft gegen ein bedrohliches Außen darstellen. Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich vergleichend mit den Positionen rechter und rechtspopulistischer Parteien in Frankreich, Deutschland und der Schweiz. Durch die Analyse von Wahlprogrammen, Reden und anderer Dokumente arbeitet sie heraus, welche konkreten grenzpolitischen Maßnahmen die Parteien ergreifen wollen und mit welchen diskursiven Mitteln sie Wähler*innen für ihre Sichtweise zu gewinnen versuchen.
Arbeitsgruppe 3: Grenzbefestigungen als Ausdruck beschädigter nationaler Identität? (Betreuerin: Lara Husar)
Die Errichtung einer Mauer an der Grenze zu Mexiko war ein zentrales Projekt des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Auch in Europa kam es in der jüngeren Vergangenheit vermehrt zu Forderungen nach einer stärkeren Befestigung der Außengrenzen. Insbesondere an den Süd- und Ostgrenzen der europäischen Union errichteten Staaten neue Sperranlagen. Zuletzt begann Polen mit dem Bau einer Mauer an der Grenze zu Belarus. In ihrem Buch „Mauern. Die neue Abschottung und der Niedergang der Souveränität“ (2010, deutsche Übersetzung: 2018) untersucht Wendy Brown das Paradox dieser neuen Abschottungspolitik in einer globalisierten Welt. Brown zufolge stellen die Grenzbefestigungen eine theatralische Inszenierung staatlicher Souveränität dar, die jedoch letztlich eine beschädigte nationale Identität und den schmerzhaften Niedergang der staatlichen Souveränität bezeugt. Die Arbeitsgruppe setzt sich im Rahmen einer politisch-theoretischen Perspektive mit Browns Buch auseinander.
Arbeitsgruppe 4: Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Corona-Pandemie am Oberrhein (Betreuer: Marc-Antoine Maes)
Die Corona-Pandemie stellt Grenzregionen wie das Oberrheinische Dreiländereck vor große Herausforderungen. Verstärkte Kontrollen bis hin zur zweitweisen Schließung von Grenzen schränken die Mobilität von Pendler*innen ein und behindern die regionale Wirtschaft. Zur effektiven Bekämpfung der Pandemie ist eine grenzüberschreitende Kooperation bei der Nachverfolgung der Kontakte Infizierter und im Gesundheitswesen notwendig. Im Rahmen der Oberrheinkonferenz und des Oberrheinrats haben schweizer, französische und deutsche Behörden gemeinsame Maßnahmen in den Bereichen Gesundheit, Krisenmanagement und Wirtschaft entwickelt. An der Erstellung einer umfassenden gemeinsamen Pandemie Strategie wird gearbeitet. Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Oberrhein bezüglich der Corona-Pandemie. Sie analysiert die besonderen Herausforderungen vor die die Pandemie die Grenzregion gestellt hat, untersucht die getroffenen Maßnahmen und gegenwärtigen Pläne für eine weitere Zusammenarbeit und arbeitet Chancen und Herausforderungen heraus.
Dozierende
Beate Rosenzweig
Stellvertretende Institutionsdirektorin Studienhaus Wiesneck und Hon. Prof. Universität Freiburg
Begrüßung im Studienhaus Wiesneck
Gisela Riescher
Prof. für Politische Philosophie, Theorie und Ideengeschichte, Universität Freiburg
Einführung in die Sommerschule
Birte Wassenberg
Prof. für Zeitgeschichte und Internationale Beziehungen, IEP Straßburg
Geschichte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa
Joachim Beck
Rektor der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl
Perspektiven der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa
Christine Aquatias
Maitre de Conferences, IEP Straßburg
Französische und deutsche Perspektiven auf Europa – ein interkulturelles und politisches Gespräch
Marcus Obrecht
Akad. Oberrat, Universität Freiburg
Französische und deutsche Perspektiven auf Europa – ein interkulturelles und politisches Gespräch
Angela Geck
Wiss. Mitarbeiterin, Universität Freiburg
Über europäische Außengrenzen, Migration und Handel
Uwe Wagschal
Prof. für Vergleichende Regierungslehre, Universität Freiburg
Der Einfluss von Demokratie, Governance und Regierungspolitik auf die Sterblichkeit während der Covid-19 Pandemie
Unsere Partner 2022
Die Sommerschule 2022 wurde veranstaltet und organisiert vom Seminar für wissenschaftliche Politik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Die inhaltliche Gestaltung der Sommerschule erfolgte in Kooperation mit dem Institut d’Études Politiques (IEP) de Strasbourg, der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl und dem Departement Gesellschaftswissenschaften der Universität Basel.
Die Konzeption und Organisation der Sommerschule 2022 wurde gefördert als ein Pilotprojekt zur Vereinfachung und Erhöhung der Mobilität im Rahmen von Eucor – The European Campus. Die Veranstaltung wurde außerdem gefördert durch Sondermittel des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg zur Abmilderung pandemiebedingter Lernrückstände und durch EUCOR-Mobilitätsmittel.